Anlieger ziehen vor Gericht
Gießener Allgemeine vom 4.08.2021 (von Thomas Brückner)

Die Abrissbagger sind weg, ebenso die Big-Packs mit asbestbelasteten Stoffen - das Alte Singalumnat ist Geschichte. Statt auf eine Bauruine fällt der Blick nun auf einen voll ergrünten Waldessaum. Geht es nach dem Kirchhainer Investor Gade Bau, so werden auf der 4700 Quadratmetern großen Fläche drei viergeschossige Gebäude mit rund 50 Eigentumswohnungen entstehen.

In diesem Sinne entschied vor 14 Monaten auch das Stadtparlament, da es - begleitet von auch rechtlichen Bedenken der Opposition - den vorhabenbezogenen Bebauungsplan »Johann-Sebastian-Bach-Straße« als Satzung beschloss. Mehrheitlich, mit 13:10 Stimmen. Zum Unwillen der Bürgerinitiative, aufgegangen im Verein »Lebenswertes Laubach«, der eine zu massive Bebauung für das Wohngebiet »Musikerviertel« befürcht

Verein rechnet sich gute Chancen aus
Wie avisiert, ergreift man nun rechtliche Mittel: Beim dafür zuständigen Hessischen Verwaltungsgerichtshof wurde ein Normenkontrollverfahren beantragt. Dies in der Hoffnung, der VGH werde den B-Plan für unwirksam erklären. Auf dass die Stadt ein neues Verfahren anstieße, kleiner gebaut werde, die Anliegerinteressen endlich Eingang in die Planung fänden, wie Vereinssprecher Andreas Wenig betonte.

Nach dessen Worten enthält der von einem Fachanwalt erstellte 50-seitige Antrag im Wesentlichen acht Ansatzpunkte.

Der erste von drei wesentlichen betrifft den von Stadt genutzten § 13a Baugesetzbuch. Um zügig neuen Wohnraum zu schaffen, hat der Gesetzgeber damit ein beschleunigtes Verfahren ermöglicht, bedarf es etwa keiner Eingriffs- und Ausgleichsplanung. Nur, so argumentieren die Anlieger, dürfe der 13a nur bei Innen- und Nachverdichtungen Anwendung finden. Nicht aber im Außenbereich.

Das aber sei hier der Fall, da gemäß B-Plan die Bebauung über den alten Bestand, maßgebend ist hier die Außenmauer des Alumnats, in Richtung Wald hinausreichen dürfe. Überdies, und davor habe bereits der Justiziar des Gemeindebundes die Stadt gewarnt, stehe infrage, ob nicht sogar das gesamte Areal zum Außenbereich zähle. Wenig: »Das Gebäude stand viele Jahre leer, war verfallen, der Bestandsschutz sozusagen abgelaufen.«

Als zweiter Punkt wird ein Verstoß gegen das »Kopplungsverbot« reklamiert. Dies sei hier der Fall, da gemäß dem von Stadt und Bauträger unterzeichneten Durchführungsvertrag Letzterer sich mit maximal 10 000 Euro an Prozesskosten beteiligen müsse. »Eine Gegenleistung«, mit geltendem Recht nicht vereinbar, meint Wenig. Dadurch aber werde nicht nur der Vertrag, sondern auch der B-Plan unwirksam.

Zum Dritten führen die Antragsteller Mängel beim Abwägungsverfahren ins Feld: »Auf unsere Einwände, den Verkehrslärm betreffend, wurde nicht eingegangen.«

Der VGH, so der Anliegersprecher, müsse nur einen der acht Einwände anerkennen, von daher rechne man sich sehr wohl gute Chancen aus.

Wie aus dem Rathaus verlautete, ist die Stadt vom VGH zur Stellungnahme aufgefordert worden. Bis Ende September hat man Zeit, der Anwalt ist damit beauftragt.

Normenkontrollverfahren können schon mal zwei Jahre dauern, eine aufschiebende Wirkung haben diese nicht. Wie Wenig auf Nachfrage noch bestätigte, warte man fürs Erste darauf, dass der Investor den Bauantrag einreiche, behalte sich einen Einspruch vor. Ein Schritt, der das Verfahren beim VGH beschleunigen dürfte.

 

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